Blindenführhundausbildung seit über 100 Jahren
Im Oktober 1916 übergab der Deutsche Verein für Sanitätshunde den ersten systematisch ausgebildeten Blindenführhund an den Kriegsblinden Paul Feyen. Heute werden nach Schätzungen des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) in Deutschland jährlich rund 300 Blindenführhunde ausgebildet.
Wie Sie Blindenführhunde und ihre Halter unterstützen können
Blindenführhunde vollbringen "im Dienst" außerordentliche Leistungen. Durch umsichtiges Handeln können Sie Hund und Halter unterstützen. Hier drei wichtige Verhaltensregeln:
Nicht ablenken.
Behindern Sie den Führhund nicht bei seiner konzentrierten Arbeit durch Anstarren, Ansprechen, Streicheln oder Füttern. Locken Sie ihn nicht an, denn er muss unbedingt bei seinem Halter oder seiner Halterin bleiben. Vermeiden Sie, dass andere Hunde dem Führgespann – Mensch und Tier – zu nahe kommen, da sie ebenfalls die anstrengende Assistenz stören und dem Führhund während seines Dienstes keine Sozialkontakte erlaubt sind. Führen Sie deshalb Ihren eigenen Hund an der Leine und umgehen Sie zügig und mit ausreichendem Abstand das Führgespann.
Nicht anfassen.
Sprechen Sie den Halter an, wenn Sie Hilfe anbieten wollen. Unvermitteltes Berühren oder Greifen nach Führbügel oder Halsband wirken verunsichernd.
Zutritt gewähren.
Blinde oder sehbehinderte Menschen sind auf ihre Führhunde angewiesen. Ermöglichen Sie ihnen mit ihren Führhunden den Zutritt auch dort, wo Hunde sonst nicht zugelassen sind. Beziehungsweise zeigen Sie Verständnis, dass Sie an solchen Orten gelegentlich Blindenführhunde antreffen. Wird einem Halter oder einer Halterin eines Assistenzhundes der Zutritt verweigert, machen Sie alle Beteiligten darauf aufmerksam, dass blinden und sehbehinderten Menschen mit Führhund ein barrierefreier Zutritt zusteht.
Diese Regeln wurden dem Faltblatt "Der Blindenführhund – Assistenz auf vier Pfoten" entnommen, in dem Sie weitere Verhaltensregeln und Informationen finden. (Faltblatt zum Download)
Blindenführhunde damals und jetzt
Im Ersten Weltkrieg wurden Blindenführhunde vor allem an erblindete Soldaten übergeben, aber in den folgenden Jahren profitierten zunehmend Zivilblinde von den „Helfern auf vier Pfoten“. Das fand auch im Ausland viel Beachtung und die Idee der systematischen und institutionellen Ausbildung von Führhunden führte zu Neugründungen von Schulen in der Schweiz, in England und den USA. Seitdem verlassen sich weltweit blinde und sehbehinderte Menschen auf die Führleistungen ihrer Hunde.
Führhunde sind aber nicht nur „sehende Assistenz“. Sie sind „Hilfsmittel mit Seele“. Ein Führhund bietet Hilfe und Freundschaft und steht seinem Halter rund um die Uhr zur Verfügung – und das ein Leben lang. Das macht ihn einzigartig. Denn selbst die sich stetig weiterentwickelnden Technologien können die Leistungen eines Führhundes allenfalls ergänzen, nicht ersetzen.
Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) würdigte das Jubiläum im Jahr 2016 mit einer Wanderausstellung, einer Buchpremiere, einer Resolution und einem Treffen von Führhundhaltern aus ganz Deutschland. Die DBSV-Aktivitäten zum Führhundjubiläum wurden durch die Aktion Mensch gefördert.
Blindenführhunde und ihre faszinierenden Fähigkeiten
Es ist faszinierend, einen blinden Menschen mit seinem Führhund zu beobachten. Zielsicher gehen beide durch den dichtesten Verkehr, überqueren Straßen und suchen Geschäfte auf. Es sieht spielend leicht aus, bedeutet aber äußerste Konzentration für Hund und Halter.
Der Halter muss den Bewegungen des Hundes, die er über das Führgeschirr vermittelt bekommt, folgen und dem Hund die notwendigen Signale geben.
Der Hund muss abgestellten Fahrrädern, Einkaufstaschen, Blumenkübeln und Passanten ausweichen, dabei darauf achten, dass sich der blinde oder hochgradig sehbehinderte Mensch nicht an herabhängenden Markisen stößt, und Gefahren wie Treppen oder Absätze anzeigen. Auf Hörzeichen muss er Treppen und Türen, Ampeln, Zebrastreifen und freie Sitzplätze finden, sich aber dem Hörzeichen zum Gehen widersetzen, wenn beispielsweise die zu überquerende Straße nicht frei ist.
Wie erwerben Blindenführhunde ihre Fähigkeiten?
Vor 100 Jahren benutzte man drakonische Dressurmethoden, unter anderem wurden die Hunde mit einer Peitsche geschlagen. Die moderne Führhundausbildung funktioniert dagegen nach dem Prinzip der positiven Verstärkung. Dafür brauchen die Trainer neben Fachkompetenz vor allem Geduld – und immer ein Leckerchen griffbereit, wie ein Film des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) zeigt.
Unter dem Titel „Belohnen statt Bestrafen“ wird in zwölf Minuten erläutert, wie ein Hund durch unzählige kleine Lernschritte in Verbindung mit Erfolgserlebnissen die kompliziertesten Aufgaben erlernt und Freude dabei hat. „Ein Führhund und sein Halter müssen partnerschaftlich zusammenarbeiten“, erläutert Fachreferentin Sabine Häcker vom DBSV. „Eine Ausbildung auf Basis von positiver Verstärkung macht sie fit für anspruchsvolle Herausforderungen.“
Der Film „Belohnen statt Bestrafen“ wurde gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Hamburger Blindenstiftung. Der Film steht auch als Hörfilm zur Verfügung, also in einer Version mit zusätzlichen Bildbeschreibungen für blinde und sehbehinderte Menschen. Auf Wunsch können Untertitel zugeschaltet werden.